Titelübersicht
Boris Yoffe
Im Fluss des Symphonischen
Eine Entdeckungsreise durch die sowjetische Symphonie
Man muss sich die sowjetische beziehungsweise russische Symphonie des 20. Jahrhunderts, die abgegrenzt von der westlichen Musik eine ganz eigene Entwicklung genommen hat, wie eine Schatztruhe vorstellen. Über die Geschichte der sowjetischen Musik ist bereits umfänglich publiziert worden. Dennoch scheint der Deckel dieser Schatztruhe bis heute nur wenig gelüftet, sind doch zahllose Komponisten und ihre Werke in Vergessenheit geraten. Yoffe spürt in einer aufregenden Reise voller Entdeckungen mit einer Fülle von Werkbetrachtungen der Geschichte dieses Eigenweges nach und wir machen Bekanntschaft mit wunderbaren, teilweise bis heute im Westen ungehörten Werken.
Es ist weniger eine musikwissenschaftliche Untersuchung als eine Spurensuche durch ein weites Feld, die Yoffe bewusst nicht systematisch und nur bedingt chronologisch in Erzählsträngen, in Form von Essays unternimmt. Er leitet uns in Spaziergängen durch unbekanntes Terrain und mit jedem Wegstück setzt sich nach und nach gleich einem Puzzle ein facettenreiches Bild zusammen. Dabei schildert Yoffe die Geschichten hinter der Geschichte nicht ohne Witz, ohne den weder das Absurde der jeweiligen Situation noch ihr tiefer liegender Ernst verständlich würde.
Als ein Quergänger zwischen den Kulturen mit einer reichen Kenntnis sowohl der russischen wie der westlichen Musiktradition gelingt Yoffe der Spagat einer Betrachtung von innen wie von außen.
„Wunderbares neues Buch – ungemein kenntnisreich, vielschichtig, tiefsinnig, überraschend dicht, oft amüsant-ironisch – romanhaft, meisterhaft erzählt – eine Fundgrube musikalischer Inspiration: Vor allem wird eine Anmutung einer Musik spürbar, die hier und heute kein Mensch (mehr) kennt! Man möchte sie hören, diese ungehörte Musik! Und irgendwie wird die musikalische Fantasie derart angeregt, dass in uns etwas zart zu klingen beginnt: ein echter Boris Yoffe!“ (Norbert Fröhlich)
„Vor dem Hintergrund der üblichen musikwissenschaftlichen Literatur setzt sich Yoffes Buch positiv durch seine Lebendigkeit, Streitbarkeit und Lesbarkeit ab. Der Autor hat keine Angst, eigene, zum Teil sehr subjektive Meinungen klar zu artikulieren, er versucht weder glatt zu sein, um der eventuellen Kritik zu entgehen, noch sich unnötig kompliziert auszudrücken, um seine Kompetenz und wissenschaftliche Beflissenheit vorzutäuschen. Vor allem beherrscht er die seltene Fähigkeit, über Musik – dazu noch überwiegend ungehörte Musik – interessant zu schreiben. Nur ein kleiner Teil der im Buch beschriebenen Werke ist heute auf Tonträgern verfügbar. Dennoch bleibt die Lektüre stets spannend, denn Yoffe kreiert Bilder, die den Klang der Musik gewissermaßen repräsentieren und in vielen Fällen einen starken Wunsch aufkommen lassen, die besprochenen Werke tatsächlich hören zu können. Das ist wohl das wichtigste Verdienst des Buches: Es geht nicht nur um die Geschichte der sowjetischen Musik, die dem Leser weitestgehend unbekannt sein dürfte. Die primäre Intention des Autors ist, das Interesse der Leser nicht nur für diese Geschichte, sondern und vor allem für die Musik selbst zu wecken… Kaum eine andere Darstellung des Themas kann eine derartige umfassende Breite aufweisen. Sogar diejenigen Fachleute, die sich mit der sowjetischen Musik auszukennen glauben, werden ihre vielen Entdeckungen erleben. Yoffes Monographie, die fast 650 Seiten umfasst, präsentiert ein faszinierendes Panorama des symphonischen Schaffens von vielen Dutzend Komponisten.“ (Jascha Nemtsov)
648 Seiten, geb., € 49.–, 978-3-95593-059-2
sehen Sie auch: Weltpremiere | Gavriil Popov – „Quartet-Symphonie“ | CD Release Konzert 26.11.21
www.quartetberlintokyo.com